Antrag auf einen Pflegegrad

Einen Antrag auf Vergabe eines Pflegegrades kann jeder für sich oder für einen Angehörigen formlos schriftlich bei der zuständigen Pflegekasse stellen. Die Pflegekassen sind den Krankenkassen angegliedert.

Anschließend wird sich bei gesetzlich Krankenversicherten normalerweise ein Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) melden, um einen Termin für die persönliche Pflegebegutachtung zu vereinbaren. Bei privat Versicherten ist der MEDICPROOF zuständig.

Wird der Antrag auf Pflegegrad telefonisch gestellt, muss vor dem Begutachtungstermin ein Formular der Pflegekasse mit näheren Angaben zum Pflegebedarf ausgefüllt und unterschrieben zurückgesandt werden.

Im Internet kann auf pflege.de ein kostenfreies Formular für den Antrag auf Pflegegrad heruntergeladen werden, das erspart eigene Formulierungen – ausdrucken, ausfüllen, unterschreiben und an die Pflegekasse senden.

Eine erneute Begutachtung und ggf. Änderung des Pflegegrades ist frühestens nach sechs Monaten wieder möglich, außer bei akuter gravierender Änderung des Gesundheitszustandes, bspw. nach Unfall oder Schlaganfall.

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Entlastungsleistungen

Der Anspruch auf zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen ist im elften Buch des Sozialgesetzbuches (§ 45 b SGB XI) festgeschrieben. Alle Pflegebedürftigen in häuslicher Pflege haben ab Pflegegrad 1 Anspruch auf einen Entlastungsbetrag in Höhe von 125 € monatlich, also bis zu 1.500 € im Jahr. Der Entlastungsbetrag ist eine zusätzliche Sachleistung, die nicht auf das Pflegegeld oder andere Leistungen angerechnet wird. Die Höhe des Entlastungsbetrages ist für alle Pflegegrade gleich hoch.

Nicht genutzte Beträge eines Monats können angespart werden, summieren sich bei der Pflegekasse (in der Regel der zuständigen Krankenkasse angegliedert) und können später vollumfänglich genutzt werden. Der Anspruch auf nicht genutzte Beträge verfällt in der Regel erst zum 30.06. des Folgejahres.

Sachleistung in diesem Sinne heißt, dass der Anspruch zwingend an eine entsprechende Dienstleistung (Sachbezug) gebunden ist, eine Auszahlung des Entlastungsbetrages ist daher nicht möglich.

Die Betreuungs- und Entlastungsleistungen müssen nicht gesondert beantragt werden, da ab Pflegegrad 1 ein gesetzlicher Anspruch darauf besteht.

Betreuungs- und Entlastungsleistungen können in vielfältiger Weise eingesetzt werden, z. B. für Betreuung, Begleitung und Beaufsichtigung, Gesellschaft und Unterhaltung, Haushaltshilfe, Einkaufsservice, Kinderbetreuung, Betten beziehen, Wäsche waschen, Reinigung von Bädern und Böden, Fenster putzen und vieles mehr.

Umwidmung von Pflegesachleistungen

Wenn bei Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 2 – 5 die Betreuungs- und Entlastungsleistungen in Höhe von 125 € monatlich nicht ausreichen, können je nach Bedarf bis zu 40 % des Betrages für Pflegesachleistungen genutzt werden. Diese Umwidmung ist bei der Pflegekasse zu beantragen.

Das kann sinnvoll sein, wenn die Pflegesachleistungen nicht vollumfänglich für die Pflege benötigt werden, aber erhöhter Bedarf an Betreuungs- und Entlastungsleisten besteht.

Allerdings wird im Gegenzug das Pflegegeld um den entsprechend umgewidmeten Prozentsatz gekürzt!

Dies erweist sich in der Regel aber als deutlich vorteilhafter für den Kunden, wie das nachstehende Beispiel zeigt.

Beispiel für Umwidmung bei Pflegegrad 2
monatlicher Anspruch Pflegesachleistung –> 689,00 €
davon (max.) 40 % –> 275,60 €

Kürzung des Pflegegeldes in Höhe von 316 €
um (max.) 40 % –> 126,40 €

Das bedeutet Erhöhung des Betreuungs- und Entlastungsbetrages um 275,60 € für Betreuung und Unterstützung, aber Kürzung um 126,40 € beim Pflegegeld, also tatsächlich ein Mehrwert in Höhe von 149,20 €.

Haushaltshilfe / Hauswirtschaftliche Versorgung
(§ 37 SGB V)

In bestimmten Fällen besteht ein Anspruch auf eine hauswirtschaftliche Versorgung, auch ohne dass ein anerkannter Pflegegrad vorliegt, z. B. bei/nach akuter schwerer Erkrankung, nach Operationen oder Unfällen, während einer Risikoschwangerschaft oder nach einer Entbindung.

Die Maßnahme ist Teil des ärztlichen Behandlungsplans und soll die rasche Genesung des Patienten und seine Eingliederung in den Alltag unterstützen. Sie umfasst bspw. die Zubereitung von Mahlzeiten, Einkaufen, Reinigung der Wohnung, Kinderbetreuung u. a. Die Kosten können bei entsprechender Notwendigkeit auf Antrag von der Krankenkasse oder dem Sozialamt übernommen werden.

Voraussetzungen sind hier eine ärztliche Verordnung, aus der die unbedingte Notwendigkeit und der Umfang der erforderlichen Unterstützung (wieviel Stunden täglich, wieviel Tage pro Woche, Dauer) hervorgehen müssen, und dass während dieser Zeit keine andere Hilfe (z. B. allein lebend, Angehöriger ist voll berufstätig oder selbst pflegebedürftig) zur Verfügung steht.

Mit dieser Verordnung kann beim zuständigen Kostenträger (z. B. Krankenkasse oder Sozialamt) die Kostenübernahme einer entsprechenden Unterstützung beantragt werden.

Der Dienstleister, der die erforderliche Qualifikation und freie Kapazität hat, darf / muss selbst ausgesucht und beauftragt werden.

Krankenversicherung

Ärztlich verordnete häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe trägt die Krankenversicherung. Dies ist im fünften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB V) definiert.

Die Krankenversicherung trägt grundsätzlich die Kosten für alle medizinisch notwendigen ambulanten und stationären Leistungen bei Krankheit von gesetzlich und privat Krankenversicherten.

Kriterien bei der Vergabe von Pflegegraden
Folgende sechs Hauptkriterien werden bei der Begutachtung zur Vergabe des Pflegegrades herangezogen:

1. Mobilität
Körperliche Beweglichkeit, Fortbewegen innerhalb der Wohnung, des Wohnbereichs oder Treppensteigen

2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
Verstehen und Sprechen, Orientierung zu Ort und Zeit, Sachverhalte begreifen, Risiken erkennen, andere Menschen im Gespräch verstehen

3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
Zum Beispiel Unruhe in der Nacht, Abwehr pflegerischer Maßnahmen; Ängste und Aggressionen, die für den Betroffenen selbst und andere belastend sind

4. Selbstversorgung
Zum Beispiel selbständiges Waschen und Anziehen, Essen und Trinken; selbständige Benutzung der Toilette

5. Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Belastungen
Zum Beispiel die Fähigkeiten, Medikamente selbst einnehmen zu können; Blutzuckermessungen selbst durchführen und deuten zu können; gut mit einer Prothese oder einem Rollator zurechtzukommen; selbständige Arztbesuche

6. Gestaltung des Alltags und soziale Kontakte
Zum Beispiel den Tagesablauf selbständig gestalten zu können; mit anderen Menschen in direkten Kontakt zu treten oder Gesprächskreise ohne fremde Hilfe aufsuchen zu können

Pflegegrade, Bedeutung, Punktzahl bei der Vergabe

Pflegegrad 1
12,5 – < 27 Punkte
geringe Beeinträchtigung der Selbständigkeit

Pflegegrad 2
27 – < 47,5 Punkte
erhebliche Beeinträchtigung der Selbständigkeit

Pflegegrad 3
47,5 – < 70 Punkte
schwere Beeinträchtigung der Selbständigkeit

Pflegegrad 4
70 – < 90 Punkte
schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit

Pflegegrad 5
90 – 100 Punkte
schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit mit besonderen Anforderungen für die pflegerische Versorgung

Pflegehilfsmittel zum Verbrauch

Pflegebedürftige ab Pflegegrad 1 können zusätzlich Pflegehilfsmittel, die zum Verbrauch bestimmt sind, bis zu einer Höhe von 40 € monatlich beantragen.

Zu den Pflegehilfsmitteln zählen Hygieneprodukte zur einmaligen Nutzung wie beispielsweise

Bettschutzeinlagen, Desinfektionsmittel für Hände oder Flächen, Einweghandschuhe,
Schutzschürzen, Mundschutz

Die sogenannten Pflegepakete können von der Apotheke „Ihres Vertrauens“ nach Wunsch und Bedarf zusammengestellt werden oder können auch im Versandhandel bestellt werden.

Verhinderungspflege

Die Verhinderungspflege ist eine zusätzliche Leistung der Pflegeversicherung (§ 39 SGB XI) und kann ab Pflegegrad 2 in Anspruch genommen werden, wenn dieser seit mindestens 6 Monaten vorliegt.

Ist eine angegebene Pflegeperson an der Pflege gehindert (Erholungsurlaub, Kur, Krankheit oder sonstige Gründe), übernimmt die Pflegekasse auf Antrag die nachgewiesenen Kosten einer stundenweise notwendigen Ersatzpflege für längstens insgesamt 6 Wochen und bis zu maximal 1.612 € je Kalenderjahr.

Verhinderungspflege kann auch rückwirkend geltend gemacht werden, wenn die erforderliche Begründung und die notwendigen entstandenen Kosten nachgewiesen werden.


Hinweis
Überblick über die wichtigsten Begriffe in der sozialen Pflegeversicherung, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, – nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt, aber ohne Gewähr für Aktualität und Richtigkeit. Ersetzt im Einzelfall nicht die Beratung durch eine sach- und fachkundige Stelle.
(Stand: 10/2020)


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